Giselher Klebe

Biographie

1925am 28. Juni in Mannheim geboren
1940-1943Violine-, Viola- und Kompositionsstudien am Städtischen Konservatorium in Berlin bei Kurt von Wolfurt, unterbrochen durch Kriegsdienst und Gefangenschaft
1946Kompositionsstudium am Internationalen Musikinstitut in Berlin bei Josef Rufer
1946-1949Tätigkeit in der Musikabteilung des Berliner Rundfunks (Schallplattenarchiv, Programmgestaltung)
1946-1951Kompositionsstudium bei Boris Blacher
1951-1957freiberuflich als Komponist in Berlin
1957als Nachfolger von Wolfgang Fortner Dozent für Komposition und Musiktheorie an der Nordwestdeutschen Musikakademie in Detmold
1959Großer Kunstpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für Musik
1. Stipendiat der Deutschen Akademie »Villa Massimo« in Rom
1962Ernennung zum Professor
1962/632. Stipendiat der Deutschen Akademie »Villa Massimo« in Rom
1963Mitglied der Freien Akademie der Künste in Hamburg
1964Mitglied der Akademie der Künste in Berlin
1978Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München
1982Ehrendirektor im Welt-Harfenkongress
ab 1986Präsident der Musikabteilung der Dramatiker Union Berlin
1986-1989Präsident der Akademie der Künste Berlin
1990Werkarchivvertrag mit der Akademie der Künste, Berlin
Emeritierung
1999Großes Bundesverdienstkreuz
2002Ehrenbürger der Stadt Detmold
2009am 5. Oktober in Detmold verstorben
  • Werkverzeichnis

    Michael Rentzsch: Giselher Klebe. Werkverzeichnis 1947-1995
    Herausgegeben von der Stiftung Archiv der Akademie der Künste, Berlin. Bärenreiter (1997). 288 Seiten; kartoniert
    ISBN 978-3-7618-1247-1

    Neben den zwölf Opern, die Giselher Klebe in der zeitgenössischen Musikszene zu einer festen Größe haben werden lassen, hat er zu allen Gattungen der Musik wichtige Beiträge geliefert. Dieses Buch ist eine grundlegende Bestandsaufnahme aller seit 1947 entstandenen Kompositionen.

    Die wichtigsten Daten wie Besetzung, Dauer, Entstehung, Herausgabe, Uraufführung, Widmungsträger, Auftraggeber, Textvorlage etc. geben einen Überblick über die jeweilige Komposition; die zum größten Teil in Particell aufgeführten Notenbeispiele vermitteln einen Eindruck von der klanglichen Disposition des betreffenden Werkes.

    Literatur- und Quellenangaben sowie der Abdruck zahlreicher Werkeinführungen des Komponisten machen das Buch für Liebhaber von Klebes Musik zu einer unverzichtbaren Informationsquelle.


    Sekundärliteratur

    Brigitte Schäfer: Giselher Klebe. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 2., neubearbeitete Ausgabe, hrsg. von Ludwig Finscher, Personenteil, Band 10, Bärenreiter/Metzler, 2003, Sp. 208-214

    Hans Heinz Stuckenschmidt: Synthesen und neue Versuche. In: Schweizerische Musikzeitung 93, 1953, 1-10

    Wolf-Eberhard von Lewinski: Giselher Klebe. In: Junge Komponisten, herausgegeben von Herbert Eimert, = Die Reihe IV, Wien 1958

    Wolf-Eberhard von Lewinski: Giselher Klebe – Einfall, Ausdruck und Konstruktion. In: Musica 15, 1961, 537-539

    Wolf-Eberhard von Lewinski: Spannungskräfte aus neuer Harmonik. Giselher Klebe – Ein Porträt. In: Musica 20, 1966, 9-10

    Wolf-Eberhard von Lewinski: Der Opernkomponist Giselher Klebe. In: Schweizerischer Musikzeitung 109, 1969, 337-340

    Giselher Klebe. In: Helmut Kirchmeyer/Hugo Wolfram Schmidt: Aufbruch der jungen Musik – Von Webern bis Stockhausen, Die Garbe, Musikkunde, Teil 4, Köln 1970, Hans Gerig

    Giselher Klebe. In: Die großen Komponisten unseres Jahrhunderts, Band 1, von Hans Heinz Stuckenschmidt, München 1971, Piper

    Wolfram Schwinger: Auf den Menschen bezogen. Anmerkungen zum Schaffen des Komponisten Giselher Klebe. In: Dabei, Zeitschrift der Kulturgemeinschaft des DGB, Stuttgart 1976, Heft 3

    Arno Forchert: Musik ohne Systemzwang. Giselher Klebe zum 60. Geburtstag 1985. In: Musica 39, 1985, 314-316

    Wolf-Eberhard von Lewinski: Ein neues Weihnachtsoratorium. Giselher Klebe-Uraufführung in Bonn. In: Musica 44, 1990, 93

    Michael Töpel: »Die Crux, eine persönliche Sprache finden zu müssen«. Gespräch mit Giselher Klebe an seinem 65. Geburtstag. In: Musica 44, 1990, 302-304

    Arno Forchert: Giselher Klebe – ein Komponist wird 65. In: Das Schallstück Nr. 2, Sommer 1990

    Michael Töpel: Von der »Zwitschermaschine« zu den »Glockentürmen«. Geburtstagsmatinee für Giselher Klebe. In: Musica 44, 1990, 375-376

    Michael Töpel: Amnesty und Aschenrand. Kölner Benefizkonzert mit Klebe-Uraufführung. In: Musica 46, 1992, 185-186

    Holger Bleck: Giselher Klebe. Die Instrumentalkonzerte im Spannungsfeld von Tradition und Moderne, hrsg. von der Hochschule für Musik Detmold zum 70. Geburtstag von Giselher Klebe, Detmold 1994

    Holger Bleck: Giselher Klebe: In: Die 100 des Jahrhunderts. Komponisten, Reinbek 1995, 88f.

    Zorn und soziales Mitleid. Giselher Klebe im Gespräch mit Michael Töpel. In: Musica 49, 1995, 367f.

    Walter Jens, Für Giselher Klebe in Freundschaft zum 70. Geburtstag. In: Programmheft zur Uraufführung »Gervaise Macquart« Düsseldorf, Deutsche Oper am Rhein, 10.11.1995

    Sle., »Mich interessieren die Menschen, nicht die ideologischen Sprachsäulen«. August Everding inszeniert die Klebe-Oper »Gervaise Macquart«. In: Düsseldorfer Hefte 11/1995

    Deutsche Oper am Rhein (Hrsg.), Journal. Aus der Probenarbeit, Gespräche, Besetzungszettel, Nachrichten, Die Handlung, Texte zu »Gervaise Macquart«, [1995]

    Brigitte Schäfer: Zeit als Intensität und Qualität. Dem Komponisten Giselher Klebe zum 80. Geburtstag. In: nmz 9/2005, 4

  • Aufsätze, Artikel, Vorträge (Auswahl)

    Über meine Oper „Die Räuber”. In: Melos 24, 1957, 73-76

    Meine Oper „Alkmene”. In: Melos 28, 1961, 272-275. Wiederabdruck in: „Werke Kleists auf dem modernen Musiktheater, Berlin 1977, Erich Schmidt Verlag

    Boris Blacher zum 60. Geburtstag. In: Tagebuch 22, Berlin 1963, Bote & Bock. Abdruck des 1963 bei dem Festkonzert des Westdeutschen Rundfunks Köln gehaltenen Vortrags

    Richard Wagner und die Kontinuität der abendländischen Musik. In: Hinweise und Huldigungen, Jahrbuch der Freien Akademie der Künste Hamburg 1964. Abdruck eines 1963 zum 150. Geburtstag von Richard Wagner im Westdeutschen Rundfunk Köln gehaltenen Vortrags

    Mathematik und Phantasie in der Neuen Musik. In: Spiralen, Jahrbuch der Freien Akademie der Künste Hamburg 1965

    Gedanken um Blacher. Geschrieben zum Tode von Boris Blacher am 6. Februar 1975. In: Programmheft des Württembergischen Staatsorchester, 23. Februar 1975

    Die Traumata der Neuen Musik, Sonderbeitrag für: Meyers enzyklopädisches Lexikon, Mannheim 1976. Wiederabdruck in: Forum heute, Mannheim 1979, Bibliographisches Institut

    Bericht über die Arbeit an meiner Sinfonie Nr. 5. In: Duisburger Journal, Sommer 1977

    Beethoven. Vortrag, gehalten im Westdeutschen Rundfunk Köln, Herbst 1977

    „Kleist und der moderne Künstler”. Beitrag zu einer Umfrage, erschienen im Berliner „Tagesspiegel” am 16. Oktober 1977

    Der Troubadour von Giuseppe Verdi. Vortrag, gehalten im Bayerischen Rundfunk München, 2. März 1979

    Von der Verwaltung in der Kunst heute. Abdruck eines Gespräches mit Professor Dr. Karl Heinrich Ehrenforth. In: Humanität-Musik-Erziehung, Mainz, B. Schott’s Söhne, 1981

    Zu „Parsifal” Beitrag für das Programm der Bayreuther Festspiele 1982

    „Zum Thema Literaturoper”. Beitrag zum Buch „Für und Wider die Literaturoper”, herausgegeben von Sigrid Wiesmann, Laaber-Verlag 1982

    „Meine Entwicklung als Komponist”. Beitrag zu dem Buch „Musikkultur in der Sowjetunion und in der Bundesrepublik Deutschland”, herausgegeben von Carl Dahlhaus und Giwi Ordschonikidse, Sikorski-Verlag 1982

    Zu Wolfgang Fortners „Bluthochzeit”. Vortrag, gehalten am 12. Oktober 1986 im Opernhaus Düsseldorf, redigiert von Michael Rentzsch, Mainz, B. Schott’s Söhne

    Carl Maria von Weber zum 200. Geburtstag. Beitrag für die Zeitung „Mannheimer Morgen” vom 18. November 1986

    Reflexionen über die Einakter von Boris Blacher für das Jahrbuch der Deutschen Oper Berlin 1987

    „Der Zeitbegriff in der Europäischen Musik”. Vortrag auf dem Europäischen Kulturforum Amsterdam, Dezember 1987

    Über Boris Blacher. In: Boris Blacher. 1903-1975, Dokumente zu Leben und Werk. Zusammengestellt und kommentiert von Heribert Henrich, Berlin 1993, 20

    Zorn und soziales Mitleid. Giselher Klebe im Gespräch mit Michael Töpel. In: Takte 2/1994, Informationen für Bühne und Orchester, Kassel 1994, 16-17

    „Auch Liebe ich sehr viele verschiedene Stile”. Der Komponist Giselher Klebe im Gespräch mit Holger Bleck über seine Konzerte für Soloinstrument(e) und Orchester. In: Das Orchester 42, 1994, 2-6

  • Das Wichtigste ist die Melodie. Erinnerung an Giselher Klebe (1925–2009)

    Klarheit und Einfachheit waren wichtige Leitlinien für Giselher Klebe, der im Oktober verstarb. Seine Arbeiten, im Zentrum die Opern, waren von einer undogmatischen, aber kritischen Weltsicht geprägt. Als Lehrer war er hoch geschätzt. Eine Erinnerung an einen Großen des 20. Jahrhunderts.

    Am 5. Oktober 2009 ist Giselher Klebe nach schwerer Krankheit in Detmold verstorben. Seit Mitte der 1960er-Jahre hatte er seine Werke dem Bärenreiter-Verlag zur Publikation anvertraut, eine nicht alltägliche, über vier Jahrzehnte andauernde Zusammenarbeit an einem rund 150 Opusnummern zählenden Œuvre, das neben 14 Opern und acht Sinfonien zahlreiche konzertante Werke sowie Kompositionen aller Gattungen umfasst.

    Giselher Klebe wurde 1925 in Mannheim geboren und studierte in Berlin bei Josef Rufer und Boris Blacher. 1950 gelang ihm mit dem Orchesterwerk Die Zwitschermaschine nach dem gleichnamigen Bild von Paul Klee ein erster großer Erfolg bei den Donaueschinger Musiktagen. Die Kritik stufte seine Oper Die Räuber nach Schillers Drama 1957 als „stilistisch konsequenteste und originellste Opernpartitur“ seit Bergs Wozzeck und Schönbergs Moses und Aaron ein. Im gleichen Jahr wurde Klebe als Nachfolger von Wolfgang Fortner Dozent und ab 1962 Professor für Komposition und Tonsatz an der Hochschule für Musik in Detmold. Dieser Stadt, deren Ehrenbürger Klebe war, blieb er treu, wenngleich ihn seine Liebe zu Italien immer wieder gen Süden gezogen hat.

    Als hoch geschätzter Lehrer hat er vielen erfolgreichen Komponisten, darunter Matthias Pintscher, den er bereits als Jugendlichen in seine Meisterklasse aufgenommen hatte, das notwendige Handwerkszeug und die produktive Verunsicherung des kritischen Gesprächs von Autor zu Autor mit auf den Weg gegeben. Im persönlichen Umgang zeichnete sich Klebe durch eine besondere Liebenswürdigkeit und Geradlinigkeit aus.

    Klebe vertrat einen ausgesprochen undogmatischen ästhetischen Standpunkt: „In meiner Musik kannte ich nur eine Leidenschaft: die zur Klarheit, zu der mir größtmöglichen Einfachheit. Im Zentrum meiner Arbeit steht die Oper, ausschließlich konzentriert auf die Form, in der der singende Mensch im Mittelpunkt steht.“ Wie weit die Gattung Oper für Klebe auf anderes ausstrahlt, geht aus einem Gespräch über das konzertante Genre hervor: „Für mich ist ein Konzert immer – insofern spielt die Oper auch dort hinein – von Anfang an ein dramatischer Dialog.“

    Ungefähr im gleichen Alter, in dem Verdi seinen Falstaff schuf, schrieb Klebe 2007 den heiteren Dreiakter Chlestakows Wiederkehr nach Gogols Der Revisor, der im Landestheater Detmold sehr erfolgreich das Licht der Welt erblickte. Am Ende singt das komplette Ensemble – ganz im Sinne Verdis – „Die ganze Welt ist ein Tollhaus!“

    Warum erst so spät eine heitere Oper? „An sich ist Musik weder heiter noch traurig, sie ist – ganz nüchtern formuliert – ein klingender Vorgang, der vielleicht durch beigefügte Texte zu dem wird, das wir als ,heiter‘, ,traurig‘ oder was auch immer bezeichnen. Warum es so ist, vermag ich nicht zu beantworten, doch scheint es offensichtlich leichter zu sein, ein elegisches,  trauriges Stück zu komponieren als ein heiteres. Das mag auch daran liegen, dass es nicht so viele komponierbare heitere Texte gibt. Besonders hier muss man den gesungenen Text Silbe für Silbe verstehen können. Es gehört mit zu den schwersten Aufgaben, einen Text so zu komponieren, dass er auch gesungen verstanden werden kann.“

    Am Ende jenes Gesprächs griff Klebe überraschend zu seinem Portemonnaie, um mit großer Vorsicht ein schon leicht brüchig gewordenes Papier herauszufingern. Auf dem Zettel, den Klebe ganz offensichtlich schon seit vielen Jahren bei sich getragen hatte, war eine Maxime des Komponisten Darius Milhaud zu lesen: „Das Wichtigste ist das Vitale, die Melodie, die leicht zu behalten sein, gesummt und auf der Straße gepfiffen werden muss. Ohne dieses fundamentale Element kann die Technik in der ganzen Welt nur ein toter Buchstabe sein.“

    In den letzten Monaten seines Lebens beschäftigte ihn – wenn es seine Krankheit zuließ – sein fragmentarisch hinterlassenes Opernprojekt nach Ödön von Horváths Die Unbekannte aus der Seine. Bezeichnend sind die letzten Worte, die Giselher Klebe vertont hat (es geht um eine Rose, die die Unbekannte kaufen möchte). Die Unbekannte: „Nur eine. Bei uns draußen wächst das überall. Besonders ist da so ein schmaler Weg, der führt zum Friedhof, wo die weißen Blumen blühen. Manchmal sehne ich mich zurück.“  – „Nach dem Friedhof?“

    Michael Töpel

Aufführungen

composer_first_namecomposer_last_nametitledateorchestraconductorlocationspecial
CharlotteSeitherNeues Werk für Stimme und Klavier 05.07.2025Dietrich Henschel (Bariton), Anne Le Bozec (Klavier)Bad Kissingen (Kissinger Sommer, Liederwerkstatt)Uraufführung
PhilippMaintzchoralvorspiel XIX (wie schön leucht uns der morgenstern) für orgel solo18.07.2025Georg Gottschlich (Orgel)Berlin (St. Marien Friedenau)
Andrea LorenzoScartazzini Enigma für Orchester18.07.2025Jenaer PhilharmonieSimon GaudenzToblach (Mahler Festwochen)
Beat FurrerProphezeiungen – für Alt, Kontrabassklarinette und Akkordeon 19.07.2025Helena Sorokina (Alt), Marco Sala (Kontrabassklarinette), Krassimir Sterev (Akkordeon), Cantando AdmontCordula BürgiSalzburg (Salzburger Festspiele, Kollegienkirche)
ManfredTrojahnStreichquartett Nr. 326.07.2025Kuss QuartettHitzacker (Sommerliche Musiktage)
Beat FurrerProphezeiungen – für Alt, Kontrabassklarinette und Akkordeon 27.07.2025Helena Sorokina (Alt), Marco Sala (Kontrab.klarinette), Krassimir Sterev (Akk.), Cantando AdmontCordula BürgiOssiach (Carinthischer Sommer, Stiftskirche)
CharlotteSeither„ahnst du“ für Orchester, Chor und Vokalensemble02.08.2025Orchester, Chor und Vokalensemble der Musikakademie der StudienstiftungMartin WettgesBruneck (Intercable Arena)
PhilippMaintzchoralvorspiel XXXVII (so nimm denn meine hände) choralvorspiel XXXVII (so nimm denn meine hände)07.08.2025Leo van Doeselaar (Orgel)Kampen (Bovenkerk)Niederländische Erstauff.
PhilippMaintzchoralvorspiel XXXVIII (schmücke dich, o liebe seele)13.08.2025Anna-Victoria BaltruschTrier (Konstantinbasilika)
PhilippMaintzchoralvorspiel XXXVIII (schmücke dich, o liebe seele)17.08.2025Anna-Victoria BaltruschFulda (Dom St. Salvator)
PhilippMaintzchoralvorspiel III (die nacht ist vorgedrungen) für orgel solo22.08.2025Angela Metzger (Orgel)Berlin (Internationaler Orgelsommer, Dom)
DieterAmmannViola Concerto „No templates“30.08.2025Tabea Zimmermann (Viola) Lu­cerne Festival Contemporary OrchestraDavid RobertsonLuzern (Lucerne Festival)
Bernd AloisZimmermannMusique pour les soupers du Roi Ubu31.08.2025Deutsches Symphonieorchester BerlinAnja BihlmaierBonn
Beat FurrerKlavierkonzert Nr. 203.09.2025Francesco Piemontesi (Klavier), Orchestre de la Suisse RomandeJonathan NottGenf (Victoria Hall)Urauff., auch 4.9. Genf
DieterAmmannViolation für Violoncello und Orchester14.09.2025Sol Gabetta (Violoncello), Lucerne Festival Contemporary OrchestraRiccardo ChaillyLuzern (Lucerne Festival)
Matthias Pintscher NUR für Klavier und Ensemble26.09.2025Conrad Tao (Klavier), Konzerthausorchester Berlin Matthias PintscherBerlin (Konzerthaus)auch 27.9.
BeatFurrerPHAOS für Orchester28.09.2025Basel SinfoniettaTitus EngelBasel (Stadtcasino)Schweizer Erstauff.
PhilippMaintzchoralvorspiel IX (erbarm dich mein, o herre gott) für orgel solo06.10.2025Henry Fairs (Orgel)Berlin (Maria unter dem Kreuz, Vierter Orgelzyklus)
PhilippMaintzenglouti, haché11.10.2025Angela Metzger (Orgel) Madrid (Auditorio nacional de Música)Span. Erstauff.
DieterAmmannViola Concerto „No templates“16.10.2025Nils Mönkemeyer (Viola), Münchener KammerorchesterBas WiegersMünchen (Prinzregententheater)
ManfredTrojahnHerbstmusik - Sinfonischer Satz23.10.2025Tiroler SymphonieorchesterGerrit PrießnitzInnsbruck (Congress)auch 24.10.
BeatFurrerStudie III für Klavier solo02.11.2025Filippo Gorini (Klavier)Hong Kong (City Hall)Uraufführung
Beat Furrer PHAOS für Orchester02.11.2025Basel SinfoniettaTitus EngelEssen (Philharmonie)
Andrea LorenzoScartazziniEarth für Orchester (Neues Werk zum 200. Jubiläum der Bremer Philharmoniker)02.11.2025Bremer Philharmoniker Marko LetonjaBremen (Die Glocke)Urauff., auch 3.11.
GiselherKlebeDas Mädchen aus Domrémy23.11.2025Alexander Hannemann, Regie: Michael DissmeierDetmold (Hochschule für Musik)
Lubica CekovskáToy Procession or orchestra28.11.2025Houston Symphony OrchestraJuraj ValcuhaHouston (Jones Hall)Uraufführung
PhilippMaintzjag die hunde zurück! für sechs soprane und sechs schlagzeuger 29.11.2025N. Senatskaya/S. Bódi/I. Balzer-Wolf/C. Vélez Murcia/H. Kim/M. Viera (Soprane), Christoph SietzenWien (Festival Wien Modern, Konzerthaus)Österr. Erstaufführung
PhilippMaintzhaché für orgel solo, englouti für orgel solo09.12.2025Angela Metzger (Orgel)München (musica viva, Herkulessaal der Residenz)
PhilippMaintzchoralvorspiel II (rorate cæli desuper) für orgel solo14.12.2025Andreas Sieling (Orgel)Berlin (Dom)Uraufführung
BeatFurrer„Ira-Arca“ für Bassflöte und Kontrabass20.01.2026Kammerensemble Neue Musik Berlin Berlin (Konzerthaus)

Werke





























































Interview

Im Tollhaus wird gelacht. Giselher Klebe über seine neue Oper „Chlestakows Wiederkehr”

takte: Bei der Arbeit am Libretto haben Sie die originale Handlung von Gogols „Revisor“ deutlich verändert.

Giselher Klebe: Diese Notwendigkeit war mir schnell klar, weil mir insbesondere der Schluss des Schauspiels nicht gefiel.

Sie haben Ihrer Oper mit „Chlestakows Wiederkehr” einen anderen Namen gegeben, was auf Veränderungen in der literarischen Vorlage hinweist. Wie kam es zu diesem Operntitel?

Die Figur des Revisors als großer Täuscher war mir nicht allein ausschlaggebend. Ich sprach mit Peter Härtling über das noch unbetitelte Libretto und er schlug vor: „Nenn’ es doch einfach Chlestakows Wiederkehr, denn das ist das Entscheidende in dem Opernstoff.“ Diesen Vorschlag habe ich aufgegriffen.

Durch die Nennung des Namens „Chlestakow“ im Titel erfährt das Publikum etwas von einer der Hauptpersonen: Chlestakow, ein Schlitzohr, spielt seine ihm durch die Verwechslung zugewachsene Rolle als vermeintlicher Revisor bereitwillig mit – zumal sie sich als einträgliches Geschäft erweist und ihm auch den Zugang zu den höchsten Häusern eröffnet, wo er als gute Partie entsprechende Chancen hat. Das Publikum bemerkt diese Verwechslung natürlich sofort, die Einwohner der kleinen Stadt jedoch nicht, woraus sich wunderbare komödiantische Effekte ergeben.

Der für mich entscheidende Punkt der von mir in einem kleinen Dreh veränderten Handlung: Die Leute in dem kleinen Provinzstädtchen entdecken schließlich, dass sie sich die ganze Zeit von einem falschen Revisor nasführen ließen, der aber inzwischen abgereist ist, da er befürchten musste, dass man ihm allmählich auf die Schliche kommt. Soweit Gogol. Ich lasse ihn jedoch zurückkommen – nach dem Motto: „Kinder, wir können uns doch alle zusammentun, denn ich bin unterwegs dem echten Revisor begegnet. Mit dem werde ich schon fertig.“ Eine Hand wäscht die andere.
Das Textbuch habe ich im Verhältnis zum Original sehr stark zusammengestrichen und auch sprachlich vollkommen verändert. Mir kam dabei die Idee, etliche Gegenwartsbezüge einzufügen.

Gleich zu Beginn ist von der „Stallpflicht“ für das Federvieh die Rede, eine Vorsichtsmaßnahme, von der Gogol noch nicht wusste. Köstlich am Schluss die Kombination landläufiger Redewendungen mit begrenztem literarischen Wert: „Wir werden das Kind schon schaukeln. Aber wir müssen es erst in trockene Tücher bekommen.“ – Das Zeitlose der Handlung deuten Sie im Vorspann der Partitur an: „Zeit: Postkutschenzeit, aber jederzeit möglich.“

Ja, es ist ein aktueller Stoff, weil solche Blendungen immer wieder vorkommen. Was mir auch sehr gefällt, dass man sich am Schluss zusammentut, um – wie man in Berlin sagt – zu versuchen, gemeinsam den Laden zu schmeißen. Dann dachte ich noch, ich werde das Ganze abschließen mit einem Verdi-Boito-Zitat aus dem Falstaff: „Tutto il mondo è burla“, aber ohne Schlussfuge! Die ganze Welt ist ein Tollhaus, das ist ein deutlicher Textbezug, aber natürlich zitiere ich auch ein musikalisches Motiv aus dem Verdi-Schluss. Da der Chlestakow bei mir am Ende der Oper zurückkehrt, bot sich die Gelegenheit, eine beginnende Liebelei mit der Tochter des Bürgermeisters einzubauen.

Das ist auch bei Gogol schon angelegt.

Ich habe dies schon im Original als „positiven Knackpunkt“ empfunden, aber im Textbuch noch stärker hervorgehoben.

Verdi war ungefähr in Ihrem Alter, als er den „Falstaff“, seine heiterste Oper geschrieben hat. Auch Sie haben sich – abgesehen von dem Einakter „Das Rendezvous“ – mit Ihrem neuen abendfüllenden Werk erstmals einem heiteren Stoff zugewandt. Was ist an dem Heiteren so schwer, dass Sie sich diesem Phänomen erst nach einer so langen Beschäftigung mit dem Genre „Oper“ zuwenden?

An sich ist Musik weder heiter noch traurig, sie ist – ganz nüchtern formuliert – ein klingender Vorgang, der vielleicht durch beigefügte Texte zu dem wird, das wir als „heiter“, „traurig“ oder was auch immer bezeichnen. Warum es so ist, vermag ich nicht zu beantworten, doch scheint es offensichtlich leichter zu sein, ein elegisches, trauriges Stück zu komponieren als ein heiteres. Das mag auch daran liegen, dass es nicht so viele komponierbare heitere Texte gibt. Besonders hier muss man den gesungenen Text Silbe für Silbe verstehen können. Es gehört mit zu den schwersten Aufgaben, einen Text so zu komponieren, dass er auch gesungen verstanden werden kann.

Außerdem wird er bei der Musikalisierung zeitlich gedehnt. – Es ist zweifellos leichter, einen Sänger mit Instrumenten zuzudecken als ihn im besten Wortsinn zu begleiten und dabei durchzulassen.

Auch wenn man ihn nicht zudeckt, kann man sich dennoch leicht fragen, wozu denn überhaupt die Musik da ist. Eine reizvoll-schwere Aufgabe besteht also darin, die Notwendigkeit der Musik immer zu beweisen und trotzdem den Text und seine Pointen wirkungsvoll zu transportieren.

Sobald dies funktioniert, erweist sich die Musik mit ihren auf den Text ausstrahlenden Perspektiven, Ausleuchtungen als notwendig – weil sie bereichernd wirkt. Hinzu kommt neben all den dramaturgischen Aspekten, den aufführungs-, bühnenpraktischen Gegebenheiten, die wiederum für das Funktionieren einer Oper als Ganzes verantwortlich sind, der zeitliche Ablauf, überhaupt das „Timing“ im Kleinen wie im Großen: Wie lang muss bzw. darf beispielsweise die Musik sein, die zu einem bestimmten Ausschnitt aus der Handlung erklingt?

Ich fand speziell diese Überlegungen beim Komponieren von Opern immer mit am inspirierendsten. Prinzipiell gilt dies für jede Komposition, für Opern jedoch in besonderer Weise: Die Unterschiede im Tempo des Schreibens der Musik und die zeitlichen Abläufe bei der Aufführung sind halt sehr unterschiedlich, so sehr, dass man immer die Realisierbarkeit im Auge behalten muss. Dabei orientiere ich mich an den Möglichkeiten, von denen ich erfahrungsgemäß ausgehen kann. Es ist nicht meine Art andere zu zwingen, etwas zu realisieren, was wahrscheinlich unmöglich ist.

Am Schluss des Gesprächs greift Giselher Klebe überraschend zu seinem Portemonnaie, um mit großer Vorsicht ein schon leicht brüchig gewordenes Papier herauszuziehen. Auf dem Zettel, den Klebe ganz offensichtlich schon seit vielen Jahren bei sich trägt, ist eine Maxime des Komponisten Darius Milhaud zu lesen: „Das Wichtigste ist das Vitale, die Melodie, die leicht zu behalten sein, gesummt und auf der Straße gepfiffen werden muss. Ohne dieses fundamentale Element kann die Technik in der ganzen Welt nur ein toter Buchstabe sein.“

Das Gespräch fand am 13. Dezember 2007 statt, Gesprächspartner war Michael Töpel

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