Das grosse Feuer
Oper von Beat Furrer nach dem Roman Eisejuaz von Sara Gallardo
Libretto von Thomas Stangl
(2024)
Fotos: Herwig Prammer
Die Oper
Beat Furrers jüngste Oper „Das grosse Feuer“ greift den Roman „Eisejuaz“ der argentinischen Schriftstellerin Sara Gallardo (1931–1988) auf, die 1960 im Norden Argentiniens die Lebensumstände eines indigenen Stamms recherchierte und ihre Gespräche mit dem Indio Lisandro Vega, genannt Eisejuaz, zur Grundlage eines großartigen Sprachkunstwerks machte. Auf dem 1971 veröffentlichten Roman basiert das Libretto des österreichischen Schriftstellers Thomas Stangl.
Das Sujet
Eisejuaz, der Protagonist von Beat Furrers Oper, ist Anführer eines indigenen Volksstamms in Südamerika mit seherischen Fähigkeiten. Er erzählt seine Geschichte in einem inneren Monolog, in Zeitsprüngen, überlagerten Realitätsebenen und Träumen. Eine „Stimme des Herrn“ hat ihm aufgetragen, einen Menschen zu retten. Er trifft auf einen Weißen namens Paqui, den er bis zur Selbstaufgabe pflegt.

Theater der Vielstimmigkeit
Beat Furrer sieht in den beiden Protagonisten Eisejuaz und Paqui „eine beckettsche Konstellation: Mit harter, rhythmisch prägnanter Sprache schafft Sara Gallardo Bilder einer postkolonialen Gesellschaft der nordargentinischen Stadt Salta. Für Eisejuaz, der dort in einem Sägewerk arbeitet, sind Bäume und Tiere Personen, mit denen er ständig im Austausch steht. Paqui lässt sich bedienen und hat nichts als Verachtung übrig für diesen, wie er ihn nennt, ‚dreckigen Indio‘. Meine Oper beschäftigt sich mit dem zerstörerischen Verhältnis der zwei Protagonisten, deren grundverschiedenen Weltentwürfen und deren Unfähigkeit zum Dialog auf Augenhöhe. Sara Gallardos Roman bringt mit erschütternder Klarheit zum Ausdruck, wie sehr unserem Verhältnis zum Anderen – sei es in unserem Verhältnis zur Natur oder zum Menschen anderer Kulturen – das Verhältnis des Eroberers zum Eroberten eingeschrieben ist.“
Eisejuaz steht zwischen seiner Kultur und den zerstörerischen Kräften der Kolonialisierung, ist in Verbindung mit unsichtbaren Kreaturen und Naturelementen. Er ist er geprägt von den christlichen Missionaren, in deren Station er aufwuchs, von der Arbeit im Sägewerk, ebenso wie von den Stimmen der Hölzer und übernatürlichen Tier-Engeln, mit denen er im Kontakt ist.
Beat Furrers Oper zeichnet den Weg eines Hiob, der aber doch eine Utopie aufzeigt: von einem natürlichen Raum, in dem alles in Verbindung ist. Den Roman der inneren Stimmen und Sprachklänge übersetzt Beat Furrer in ein Musiktheater der Vielstimmigkeit.

Gegenwart auf die Bühne zu bringen, ohne zeitgeistig zu werden: Das gelingt Beat Furrer in seinem neuen Musiktheater … Eine moderne Parabel.
Christian Wildhagen, Neue Zürcher Zeitung
Furrer entfacht … Stürme und Wirbel, da flattert die Finsternis, da geht Musik im Nichts verloren.
Christian Berzins, Aargauer Zeitung
Aus seinem betörenden Klangsog gibt es kein Entrinnen.
Simon Bordier, Tagesanzeiger
Zu hören ist eine Musik, die über weite Strecken flüstert, die im Instrumentalen von einem hohen Raffinement an Klangfarben lebt … und mit all dem die Menschen im Zuschauerraum einlädt, die Ohren zu spitzen.
Peter Hagmann, Die Presse
Die Oper DAS GROSSE FEUER trifft zweifellos den Nerv unserer Zeit.
Thomas Schacher, bachtrack
The orchestra acts as a resonating space and creates a web of varied voices. It sings, screams or whispers, as does the chorus, which is a character in itself.
Michael Fischer, Seen and Heard International
Beat Furrer
DAS GROSSE FEUER. Oper von Beat Furrer nach dem Roman Eisejuaz von Sara Gallardo. Libretto von Thomas Stangl. Auftragswerk des Opernhauses Zürich
Orchester: 2 (2. BFl u. Picc),2,3 (2. u. 3. BKlar),2 (2. Kfag) – 4,3,3,1 – Akk, Klav, Schlg (3), Str (10,10,8,6,4)
Libretto in deutscher und spanischer Sprache.
Aufführungsdauer: ca. 120 Minuten
Verlag: Bärenreiter, BA11713-72, Aufführungsmaterial leihweise
Uraufführung: 23.3.2025, Cantando Admont, Philharmonia Zürich, Musikalische Leitung: Beat Furrer, Inszenierung: Tatjana Gürbaca, Co-Regisseurin Vivien Hohnholz
Die Uraufführung
Von Hölzern und Eidechsenengeln. ‚
Beat Furrers Oper „Das grosse Feuer“ für Zürich
Beat Furrers jüngste Oper „Das grosse Feuer“ greift den Roman „Eisejuaz“ der argentinischen Schriftstellerin Sara Gallardo (1931–1988) auf, die 1960 im Norden Argentiniens die Lebensumstände eines indigenen Stamms recherchierte und ihre Gespräche mit dem Indio Lisandro Vega, genannt Eisejuaz, zur Grundlage eines großartigen Sprachkunstwerks machte. Auf dem 1971 veröffentlichten Roman basiert das Libretto des des österreichischen Schriftstellers Thomas Stangl.
Eisejuaz erzählt seine Geschichte in einem inneren Monolog, in Zeitsprüngen, überlagerten Realitätsebenen und Träumen. Eine „Stimme des Herrn“ hat ihm aufgetragen, einen Menschen zu retten. Er trifft auf einen Weißen namens Paqui, den er bis zur Selbstaufgabe pflegt. Beat Furrer sieht in seinen beiden Protagonisten Eisejuaz und Paqui „eine beckettsche Konstellation: Mit harter, rhythmisch prägnanter Sprache schafft Sara Gallardo Bilder einer postkolonialen Gesellschaft der nordargentinischen Stadt Salta.
Sara Gallardo Biographie
Sara Gallardo, 1931 geboren und 1988 verstorben, war eine argentinische Schriftstellerin und Journalistin. Im Laufe ihrer Karriere schrieb sie sechs Romane, eine Sammlung von Kurzgeschichten, mehrere Kinderbücher sowie zahlreiche journalistische Artikel. Obwohl ihr literarisches Werk zu Lebzeiten keine grosse Anerkennung fand, hat es in den letzten Jahrzehnten zunehmende Aufmerksamkeit erlangt. Ihr Roman Enero (1958), der sich mit dem Thema Abtreibung auseinandersetzt, war für seine Zeit bahnbrechend – besonders, da Gallardo aus einer traditionellen argentinischen Familie stammte. Später wurde das Werk ins Englische, Tschechische, Deutsche und Italienische übersetzt. Ihr Roman Los galgos, los galgos (1968) ist seit seiner Erstveröffentlichung ununterbrochen im Druck und wurde ins Italienische übersetzt. Gallardos literarischer Stil bewegt sich zwischen Realismus und magischen sowie fantastischen Elementen, was besonders in ihrem Roman Eisejuaz (1971) zum Ausdruck kommt. Dieser wurde 2017 ins Deutsche übersetzt. Neben ihrer fiktionalen Arbeit schrieb Gallardo regelmässig für argentinische Medien, darunter La Nación, Confirmado und Primera Plana, wodurch ihr Name einem breiteren Publikum bekannt wurde. Ihr Werk geriet nach ihrem Tod für einige Jahre in Vergessenheit. Erst Anfang der 2000er Jahre setzte eine Wiederentdeckung ein – mit Neuauflagen ihrer Bücher, neuen Übersetzungen und der posthumen Veröffentlichung ihrer journalistischen Sammlungen Macaneos (2016) und Los oficios (2018). Gallardo verstarb im Alter von 56 Jahren in Buenos Aires, während sie für einen neuen Roman recherchierte.