Diether de la Motte

Biographie

192830. März 1928 in Bonn geboren
ab 1945Studium an der Nordwestdeutschen Musikakademie in Detmold bei Wilhelm Maler (Komposition), Conrad Hansen (Klavier) und K. Thomas (Chordirigieren). Bei den Darmstädter Ferienkursen hörte er René Leibowitz, Ernst Křenek, Wolfgang Fortner und Olivier Messiaen.
ab 1950Als Dozent unterrichtete er Komposition, Formenlehre und Klavier an der Evangelischen Landeskirchenmusikschule in Düsseldorf
1955Musikkritiker der Rheinischen Post
1959–1964Lektor beim Verlag B. Schott’s Söhne Mainz
1964–1982Professur für Komposition und Musiktheorie an der Musikhochschule Hamburg
1982–1988Professur für Komposition und Musiktheorie an der Musikhochschule in Hannover
1988–1996Professur für Komposition und Musiktheorie an der Musikhochschule Wien
2010am 15. Mai in Berlin gestorben
Er war mit der Musikpsychologin Helga de la Motte-Haber verheiratet.
  • I. Bücher

    Henze – der Prinz von Homburg, Mainz 1960

    Musikalische Analyse, 2 Bde., Kassel 1968

    Harmonielehre, Kassel/München 1976

    Form in der Musik, Kassel 1979

    Kontrapunkt, Kassel

    Melodie, Kassel 1993

    Wege zum Komponieren, Kassel 1996

    Musik formen. Phantasie, Einfall, Originalität, Augsburg 1999

    Gedichte sind Musik. Musikalische Analysen von Gedichten, Kassel 2002


    II. Aufsätze

    Reform der Formenlehre, in: R. Stephan (Hrsg.), Probleme des mth. Unterrichts, Mz. 1967 (= Veröff. des Inst. für Neue Musik und Musikerziehung Darmstadt 7), 30–39

    Stiefkind Analyse?, in: Musica 22, 1968, 245ff.

    Plädoyer für eine Reform der Harmonielehre (mit C. Kühn und R. Birnstein), in: dass. 26, 1972, 233–238

    Musikpraxis, nicht Musiktheorie, in: MuB 20, 1988, 732–736

    Musikalische Liebeserklärungen. Aufsätze aus 30 Jahren, hrsg. von Th. Dézsy, Kassel 1998

    Musiktheorie und…: Ein Rückblick, in: Musiktheorie 14, 1999, H. 4, 291-299

  • Karl  Grebe, Musik für ein singendes Orchester: Diether de la Motte – ein Porträt, in: Musica 21, 1967, 155–158

    Reinhard Kapp, Gespräch I: Diether de la Motte, in: M. Grassl/R. Kapp (Hrsg.), Darmstadt-Gespräche. Die Internationalen Ferienkurse für Neue Musik in Wien, Wien/Köln/Weimar 1996 (= Wiener Veröff. zur Mg.1), 3–19

    Annegret  Huber, Wegweiser und Scheinwerfer. Reform des Musiktheorieunterrichts durch Diether de la Motte, in: Helga de la Motte-Haber und Oliver Schwab-Felisch (Hgg.), Musiktheorie, Laaber 2005 (Handbuch der systematischen Musikwissenschaft 2), S. 477-488

Aufführungen

composer_first_namecomposer_last_nametitledateorchestraconductorlocationspecial
CharlotteSeitherNeues Werk für Stimme und Klavier 05.07.2025Dietrich Henschel (Bariton), Anne Le Bozec (Klavier)Bad Kissingen (Kissinger Sommer, Liederwerkstatt)Uraufführung
PhilippMaintzchoralvorspiel XIX (wie schön leucht uns der morgenstern) für orgel solo18.07.2025Georg Gottschlich (Orgel)Berlin (St. Marien Friedenau)
Andrea LorenzoScartazzini Enigma für Orchester18.07.2025Jenaer PhilharmonieSimon GaudenzToblach (Mahler Festwochen)
Beat FurrerProphezeiungen – für Alt, Kontrabassklarinette und Akkordeon 19.07.2025Helena Sorokina (Alt), Marco Sala (Kontrabassklarinette), Krassimir Sterev (Akkordeon), Cantando AdmontCordula BürgiSalzburg (Salzburger Festspiele, Kollegienkirche)
ManfredTrojahnStreichquartett Nr. 326.07.2025Kuss QuartettHitzacker (Sommerliche Musiktage)
Beat FurrerProphezeiungen – für Alt, Kontrabassklarinette und Akkordeon 27.07.2025Helena Sorokina (Alt), Marco Sala (Kontrab.klarinette), Krassimir Sterev (Akk.), Cantando AdmontCordula BürgiOssiach (Carinthischer Sommer, Stiftskirche)
CharlotteSeither„ahnst du“ für Orchester, Chor und Vokalensemble02.08.2025Orchester, Chor und Vokalensemble der Musikakademie der StudienstiftungMartin WettgesBruneck (Intercable Arena)
PhilippMaintzchoralvorspiel XXXVII (so nimm denn meine hände) choralvorspiel XXXVII (so nimm denn meine hände)07.08.2025Leo van Doeselaar (Orgel)Kampen (Bovenkerk)Niederländische Erstauff.
PhilippMaintzchoralvorspiel XXXVIII (schmücke dich, o liebe seele)13.08.2025Anna-Victoria BaltruschTrier (Konstantinbasilika)
PhilippMaintzchoralvorspiel XXXVIII (schmücke dich, o liebe seele)17.08.2025Anna-Victoria BaltruschFulda (Dom St. Salvator)
PhilippMaintzchoralvorspiel III (die nacht ist vorgedrungen) für orgel solo22.08.2025Angela Metzger (Orgel)Berlin (Internationaler Orgelsommer, Dom)
DieterAmmannViola Concerto „No templates“30.08.2025Tabea Zimmermann (Viola) Lu­cerne Festival Contemporary OrchestraDavid RobertsonLuzern (Lucerne Festival)
Bernd AloisZimmermannMusique pour les soupers du Roi Ubu31.08.2025Deutsches Symphonieorchester BerlinAnja BihlmaierBonn
Beat FurrerKlavierkonzert Nr. 203.09.2025Francesco Piemontesi (Klavier), Orchestre de la Suisse RomandeJonathan NottGenf (Victoria Hall)Urauff., auch 4.9. Genf
DieterAmmannViolation für Violoncello und Orchester14.09.2025Sol Gabetta (Violoncello), Lucerne Festival Contemporary OrchestraRiccardo ChaillyLuzern (Lucerne Festival)
Matthias Pintscher NUR für Klavier und Ensemble26.09.2025Conrad Tao (Klavier), Konzerthausorchester Berlin Matthias PintscherBerlin (Konzerthaus)auch 27.9.
BeatFurrerPHAOS für Orchester28.09.2025Basel SinfoniettaTitus EngelBasel (Stadtcasino)Schweizer Erstauff.
PhilippMaintzchoralvorspiel IX (erbarm dich mein, o herre gott) für orgel solo06.10.2025Henry Fairs (Orgel)Berlin (Maria unter dem Kreuz, Vierter Orgelzyklus)
PhilippMaintzenglouti, haché11.10.2025Angela Metzger (Orgel) Madrid (Auditorio nacional de Música)Span. Erstauff.
DieterAmmannViola Concerto „No templates“16.10.2025Nils Mönkemeyer (Viola), Münchener KammerorchesterBas WiegersMünchen (Prinzregententheater)
ManfredTrojahnHerbstmusik - Sinfonischer Satz23.10.2025Tiroler SymphonieorchesterGerrit PrießnitzInnsbruck (Congress)auch 24.10.
BeatFurrerStudie III für Klavier solo02.11.2025Filippo Gorini (Klavier)Hong Kong (City Hall)Uraufführung
Beat Furrer PHAOS für Orchester02.11.2025Basel SinfoniettaTitus EngelEssen (Philharmonie)
Andrea LorenzoScartazziniEarth für Orchester (Neues Werk zum 200. Jubiläum der Bremer Philharmoniker)02.11.2025Bremer Philharmoniker Marko LetonjaBremen (Die Glocke)Urauff., auch 3.11.
GiselherKlebeDas Mädchen aus Domrémy23.11.2025Alexander Hannemann, Regie: Michael DissmeierDetmold (Hochschule für Musik)
Lubica CekovskáToy Procession or orchestra28.11.2025Houston Symphony OrchestraJuraj ValcuhaHouston (Jones Hall)Uraufführung
PhilippMaintzjag die hunde zurück! für sechs soprane und sechs schlagzeuger 29.11.2025N. Senatskaya/S. Bódi/I. Balzer-Wolf/C. Vélez Murcia/H. Kim/M. Viera (Soprane), Christoph SietzenWien (Festival Wien Modern, Konzerthaus)Österr. Erstaufführung
PhilippMaintzhaché für orgel solo, englouti für orgel solo09.12.2025Angela Metzger (Orgel)München (musica viva, Herkulessaal der Residenz)
PhilippMaintzchoralvorspiel II (rorate cæli desuper) für orgel solo14.12.2025Andreas Sieling (Orgel)Berlin (Dom)Uraufführung
BeatFurrer„Ira-Arca“ für Bassflöte und Kontrabass20.01.2026Kammerensemble Neue Musik Berlin Berlin (Konzerthaus)

Werke












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    Auf Anfrage

    Musik bewegt sich im Raum
    16 Konzepte für Laien-Professionals aus Musik, Sprache, Sprachmusik u. Bewegung, Celle 1987









Manfred Trojahn: Nachruf

Als 1971 mein Kompositionsstudium bei Diether de la Motte in Hamburg begann, war er als Musiktheoretiker erst am Anfang einer beispiellosen Karriere. Erst einige Jahre zuvor war sein Buch „Musikalische Analyse“ erschienen, eines der wesentlichen Werke über Analyse überhaupt.

Das Buch zeigt die ungeheure Weite des Zuganges zur Musik, die de la Motte eigen war, der diesen Zugang vornehmlich aus den immanenten Mechanismen des musikalischen Geschehens bezog – und zwar auf die vielfältigste Weise.

In einer Zeit, in der die Spekulation über Musik immer wesentlicher wurde, stand dieser, gleichsam tonsetzerische Aspekt der Analyse, dem es an jeder akademischen Kleinlichkeit gebrach, recht überraschend da in der Landschaft der Musiktheorie; und seine Kraft wurde nur ein wenig von den krittelnden Anmerkungen des päpstlich waltenden Carl Dahlhaus gebrochen, der jeder der Analysen de la Mottes ein „Richtiges“ hinzufügte.

Nun war man als Kompositionsstudent in Hamburg – und vielleicht übertreibt meine Erinnerung hier sogar ein wenig – eigentlich permanent umgeben von den Größen der Musikwissenschaft. Helga de la Motte-Haber, Diethers Frau, begann ihre bemerkenswerte Laufbahn in diesem Fach zu der Zeit meines Studienbeginnes und so war auch Diether gleichsam familiär diesem Kreis verbunden und wird – so wie ich selber es eben auch erlebte – nicht viel Ermunterndes für die Kompositionsarbeit erfahren haben.

Wichtig für den Studenten war der komponierende Lehrer und während meiner Studienzeit entwickelte de la Motte seine kompositorische Arbeit fort von den traditionellen Formen, hin zu einer performativen Welt, in der er als selbst Musizierender immer häufiger in Erscheinung trat.

Die Idee des „Wandelkonzertes“, in dem nicht nur die Musiker sondern oft auch die Zuschauer „wandelten“, wurde in zahlreichen Variationen umgesetzt, zum Teil mit selbstgebautem Instrumentarium, zur Grundlage von Ensembles aus Instrumentalisten und Sängern der Hochschule, mit denen erfolgreiche und zuweilen sehr umstrittene Aufführungen in ganz Deutschland durchgeführt wurden.

Nahezu gleichzeitig entstand aber auch eine Oper, „So oder So“ für die Hamburgische Staatsoper, in der ganz in traditioneller Weise fünf Geschichten für Sänger und kleines Orchester auf die Bühne kamen.

Die Bandbreite de la Mottes kompositorischer Arbeit, die sich hier andeutet, dürfte es gewesen sein, die ihm ermöglichte, sehr unterschiedliche Studenten zu führen, und sie auf eine spielerische, nahezu unmerkliche Weise zu sich selbst finden zu lassen.

Einzelne Kritiken an soeben komponierten „großen Werken“ schienen fast banal und ein wenig einfach zu sein… erst lange Zeit später bemerkte man die außerordentliche Treffsicherheit mit der auf die Probleme in der Komposition hingewiesen wurde und mit der auch die Probleme des Komponisten ganz allgemein erfasst wurden.

Diether de la Motte tummelte sich zu meinen Studienzeiten nicht auf den Spielwiesen einer vom Rundfunk gehypten Szene der Neuen Musik. Letztlich blieb er dem musikantischen – hier im Sinne des selbst an der Musik Beteiligten – viel zu nahe, als dass er in der hochspekulativen Welt der Avantgarde seinen Platz hätte finden können.

Er fand ihn in seiner völlig eigenen Weise, mit Musiktheorie zu verfahren, und wurde so zum wohl wichtigsten Musiktheoretiker unserer Zeit.

Seine weltweit verbreiteten Lehrbücher über Harmonie, Melodie und Kontrapunkt haben die Sicht auf die uns umgebende Musik wesentlich verändert und uns perspektivisch ins Offene geführt. Dass daneben ein der Sprache nahes, manchmal kindliches, zuweilen kauziges aber immer anrührendes kompositorisches Werk entstand, das er mit Entertainerqualität selbst zur Aufführung brachte, zeigt die ungebrochene Kraft eines Komponisten, der einen ganz und gar ihm gehörenden Weg gefunden hatte.

Sein Weg als Lehrender von Hamburg über Hannover nach Wien, wo er nach seiner Emeritierung noch zehn Jahre lebte, hat ihn im Jahre 2006 nach Berlin geführt, wo auch Helga de la Motte-Haber inzwischen ihre Hochschularbeit beendet hatte. Erst im vergangenen November habe ich Diether de la Motte dort wiedergetroffen, und wir haben uns häufiger sehen wollen und haben das in ein paar gewechselten Briefen schon einmal geplant. Im Mai schrieb mir Helga, dass er an einer heimtückischen Krankheit leide und wenige Tage später erfuhr ich von seinem Tod.

Ich habe meinen wichtigsten Lehrer verloren und einen lieben Freund.

(nmz 7/2019)

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